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allgemein:meinungsbeitrag

Jahrzehnte voller Abenteuer und kein Ende

Ein Meinungs-Beitrag

Die Saga hangelt sich derzeit durch die 4.000er Folgen: Prinz Eisenherz besteht weiterhin Heldentaten am Fließband

Hätte mich – seit nunmehr 70 Jahren ein Fan dieses Comics - dieser Tage jemand gefragt, ob ich ihm neue Episoden aus „der Saga mit dem langen Atem“, einer Serie mit bald 4.500 Folgen (für darüber in Unkenntnis befindliche Leser: jede einzelne Sonntags-Seite trägt seit seit ihrem Start 1937 eine durchgehende eigene Nummer) aus dem Gedächtnis aufzählen könne? Mit Sicherheit würde ich an dieser Aufgabe scheitern.

Eigentlich erstaunlich, denn ich erinnere mich problemlos an viele der Abenteuer des Prinzen in den vergangenen Jahrzehnten. An Schlachten, Duelle, Handgreiflichkeiten mit schrägen Zeitgenossen, auch an sein häufiges Ringen mit Naturgewalten, an Wohlfühlen im Familienkreis und vieles mehr. Doch alles hat seine Zeit. Bei Eisenherz geht das schon seit unglaublichen 86 Jahren Schlag auf Schlag, ganz ohne Pausen. Seine Schöpfer gönnen ihm keine Ruhe, er hat an jedem Sonntag in den USA der Comicbeilage vieler Tageszeitungen seine Aufwartung zu machen. Ein Super-Held, anscheinend ohne jedes Erschöpfungspotential.

Ich werde nicht den Fehler begehen, den Lesern mit Aufzählung von Kapiteln aus den Seiten der 4000er Serie zu langweilen. Ohnehin sind bisher erst knapp die Hälfte in (Sammelbänden in den) USA veröffentlicht. Hier zulande ist es dem Bocola-Verlag in Klotten zu verdanken, dass alle bisherigen und vermutlich auch zukünftigen Eisenherz-Abenteuer in einer deutschsprachigen Buchreihe veröffentlicht sind bzw. werden. Jetzt schon werden mit 43+1 erschienenen Bänden viele Bücherschränke bezüglich deren Aufnahmemöglichkeiten überfordert. Dort kann man das ganze Kaleidoskop seiner bisherigen Abenteuer nachlesen. Wie gesagt, kein Ende in Sicht und der Prinz „abenteuert“ weiter.

Wir leben heutzutage ohnehin in einer Welt, die voll von Reihenprodukten ist. Jeder erfolgreiche Versuch, neue, spannende, originelle, zumindest aber überraschende Ideen auf den Markt zu bringen, zieht unweigerlich - der Möglichkeit des wirtschaftlichen Mehrfach-Erfolges wegen - Folgeprodukte in Hülle und Fülle nach sich. Vielleicht aber geben wir mit unserem Verhalten den Unternehmen auch Grund zur Annahme von erwartbarem, weiterem Gewinn. Und eine ideenreiche Vermarktung sorgt zusätzlich dafür, dass unsere Sucht nach immer weiteren Erlebnissen unserer Lieblinge zu erstaunlichem Verlangen auf Käuferseite führt. Der Prinz Eisenherz Comic macht da keine Ausnahme.

Wohl jeder geneigte Leser kennt das Beispiel, wenn man einen Stein in ein stehendes Gewässer wirft, zieht dieser vom Einschlagspunkt erstaunliche viele Kreise. Dies gilt nach meiner Meinung auch für den Eisenherz-Comic. Hal Foster, der große Künstler, hatte 1936 die Vision eines eigenen Abenteuercomics. Ein Jahr produzierte er vor, verhandelte mit dem Verleger William Randolph Hearst und brachte schließlich 1937 seine Geschichte in den Sonntagsausgaben amerikanischer Zeitungen unter. Wer hat damals diese Entwicklung vorausgesehen, mit der sich Foster an die Spitze der Comickünstler in den USA setzte? Man kann aber auch die Frage stellen, ob es nicht richtiger gewesen wäre, 1981, dem Jahr der letzten Seiten, an denen er noch mitgearbeitet hatte (er verstarb 1982), einen Schlussstrich unter die Abenteuer des Prinzen zu ziehen? Dann hätte die Saga neben seinem Jungspund-Anfang auch ein möglicherweise versöhnliches Ende genommen. Darauf verzichtete das zurückgebliebene Team ​aus Verlag, Zeichner, Texter usw.. Ich vermute, insbesondere aus monetären Gründen.

So kam es, dass seit 1981 drei weitere Zeichner und zwei Texter sich darum bemühten und weiter bemühen, den Eisenherz-Comic im Sinne Hal Fosters fortzusetzen. Ein Unterfangen, bei dem das Risiko eingegangen wurde, den Comic auch ohne die Ideen seines kreativen Vaters Foster den Lesern anzudienen.

John Cullen Murphy, Fosters langjähriger Partner und direkter Nachfolger, ebenso wie sein Sohn Cullen Murphy, die jetzt die Handlung konzipierten, konnten noch auf persönliche Kontakte mit Hal Foster zurückgreifen. Beide Künstler bemühten sich sichtbar, optische wie erzählerische Änderungen so gering wie möglich zu halten. Ganz anders der nächste Künstler Gary Gianni, ein Mann mit hohen zeichnerischen Fähigkeiten, aber wenig Sensibilität für die Eisenherz-Saga. Ich denke, seine Verpflichtung war etwas glücklos, denn seine Handlungsstränge erinnerten mehr an Fabelwelten als an Ritterprobleme. Das wurde nach vier Jahren dann auch mit einem Wechsel korrigiert.

Denn mit Sicherheit verloren Zeitungsherausgeber wie normale Leser in dieser Phase den Kontakt zum Charme des Comics. Die Wiedererkennbarkeit des historischen Rahmens war verloren gegangen. Die Zahl der Tageszeitungen mit dem sonntäglichen Eisenherz-Comic in den USA und in aller Welt nahm spürbar ab. Sogar die renommierte USA-Armeezeitung »Stars and Stripes« verzichtete nach 57 Jahren der Veröffentlichung (1948 – 2005) auf den weiteren Abdruck.

Vermutlich tut man Gary Gianni Unrecht, die ganze Schuld ihm zuzuschreiben. An seiner Seite wirkte der Texter Mark Schultz, der noch heute – jetzt mit Thomas Yeates – für die Story steht. Er war es, der Science-Fiction-Elemente in diese klassische Ritterromantik einfließen lies, die, in Fosters Sinn verstanden, dort wirklich nichts zu suchen hatten. Gerade von ihm hätte man in dieser Phase erwarten können, dass er zur erfolgreichen Erzählweise zurückkehren würde, nachdem die Leser seinen Ideen immer weniger folgten. Vergessen wir nicht, dass Hal Foster im Comic eine eigene Szenerie aufgebaut hatte. Sie bündelte historisch Belegtes aus mehreren Jahrhunderten in Eisenherzs Lebensgeschichte. Ihr zu folgen hätte seinen Nachfolgern Verpflichtung sein müssen. Statt dessen versuchten sie einen untauglichen Brückenschlag zur Moderne. Nach diesem verunglückten mehrjährigen Ausflug hat sich der Comic – auch durch Antritt des Zeichners Thomas Yeates, teilweise erholt, die einstige Popularität aber will sich nicht mehr einstellen. Möglicherweise passt diese Art von Ritterromantik auch nicht mehr ganz in unsere heutige Zeit.

Was bleibt somit bei der Frage, ob und wie lange der aktuelle Prinz-Eisenherz-Comic noch in den Printmedien zu finden sein wird? Wird er noch die 5000er Seiten-Marke überspringen? Ich plädiere für ein Finale mit allseitiger Akzeptanz. Es müsste nicht sofort, aber auch nicht erst in einigen Jahren erfolgen. Ein Experte hat vor längerer Zeit in einer Veröffentlichung ausgerechnet, dass Prinz Eisenherz nunmehr über 70 Jahre alt sein müsste, addiere man die in der gesamten Handlung genannten Einzeljahre. In diesem Lebensalter ist es reichlich unwahrscheinlich, dass der „Hauptdarsteller“ in voller Rüstung noch immer hoch zu Pferd aristokratische Damen aus brenzligen Situationen rettet oder um der bloßen Ehre Willen Turniersiege einfährt, geschweige denn im Kampf einer gegen alle (und das sind in diesen Comicszenen immer viele) seine Gegner gleich reihenweise niederstreckt. Etwas Realismus sollte auch in Sachen Eisenherz schon gegeben sein.

Klaus Nonnast 6./7.01.2022 + 20.02.2022 ​

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allgemein/meinungsbeitrag.txt · Zuletzt geändert: 26.03.2022 19:36 von admin