V.3

Die Prinz Eisenherz Zeittafel

 

 

1. Anmerkungen zur Entstehung der Zeittafel

2. Historische Ereignisse und Fixpunkt

3. Probleme bei der Zuordnung

4. Irreführende Daten und künstlerische Freiheit

5. Jahresabläufe im Text und den Bildern

6. Das fiktive Alter der Protagonisten

7. Allgemeines

 

 

1. Anmerkungen zur Entstehung der Zeittafel

Bei der Lektüre der Prinz-Eisenherz-Bände zeigte es sich immer wieder, welch besonderer Reiz in der Beschäftigung mit den tatsächlichen historischen Ereignissen jener Zeit liegen kann. Ganz zwangsläufig ergab sich daraus der konkrete Wunsch, die PE-Story zeitlich eindeutig einzuordnen. Obwohl Hal Foster sicherlich nicht ganz absichtslos das in Europa weniger gut dokumentierte „Dunkle Zeitalter“ als historischen Rahmen gewählt hat, finden sich in seinem Werk dennoch genügend Anhaltspunkte und Hilfsmittel zur Einordnung in den historischen Rahmen. Dass bei der Durchsicht der Geschichte ausserdem noch einige Tricks der Autoren zutage traten, war ein ungeplanter, aber interessanter Nebeneffekt.

 

 

2. Historische Ereignisse und Fixpunkt

Harold Foster (HF) gibt mit der Erwähnung konkreter Ereignisse eindeutige Hinweise zum historischen Rahmen der Geschichte. Die grobe zeitliche Einordnung des Eisenherz-Epos erweist sich somit auf den ersten Blick als recht einfach, solange man nicht allzu tief in das Thema einsteigt.

 

Beispiel:

Tod Attilas, erwähnt auf Originalseite [127], historisch im Jahr 453

Tod von Aetius, erwähnt auf [187],  historisch 454

Tod von Kaiser Valentinian III, erwähnt auf [194], historisch 16. März 455

 

Diese Daten sind die ersten eindeutigen historischen Angaben im Roman und gut einzuordnen. Nach intensiver Auseinandersetzung mit dem Thema wurde das Jahr 455 als historischer Fixpunkt gewählt, eine Festlegung, die sich auch mit der Goldberg-Tabelle deckt, jedoch bereits vor mehreren Jahren und ohne Kenntnis seiner Arbeiten getroffen wurde. Gerade dieses dürfte aber die Richtigkeit der Wahl des Jahres 455 noch unterstreichen, zumal, zumindest auf den ersten Blick, durchaus noch andere Fixpunkte möglich waren. (Siehe hierzu auch Abschnitt 4, ‚Irreführende Daten und künstlerische Freiheit’)

 

3. Probleme bei der Zuordnung

Steigt man tiefer in die Materie ein, so stellt man fest, dass die Verwendung von historischen Daten nicht ganz unproblematisch ist, da der fiktive (Roman-) Zeitablauf nicht immer exakt zu den erwähnten historischen Ereignissen passt und verschiedentlich der Interpretation bedarf.

 

Beispiel:

Zwischen den Jahren 453 Tod Attilas, erwähnt in [127] und 455 Tod Valentinians, erwähnt in [194] liegen historisch etwa zwei Jahre, im fiktiven Zeitablauf jedoch lediglich reichlich ein Zeitjahr.

Geht  man aber davon aus, dass zwischen dem Tod Attilas und dem Eintreffen der Nachricht bei PE erst eine bedeutende Zeit vergehen musste, dann spielt [127] tatsächlich mehrere Monate nach Attilas Tod  und passt damit wieder in den historischen Zeitrahmen.

 

 

4. Irreführende Daten und künstlerische Freiheit

Die Autoren gehen teilweise recht großzügig mit dem Auftreten von historischen Figuren und Ereignissen um, dadurch finden sich im Text irreführende Hinweise, deren Einordnung  mit Vorsicht vorgenommen werden sollte.

 

Beispiele:

Papst Leo d. Gr. verhandelt mit Geiserich/Genserik, erwähnt auf [467/68], histor. 455,

Tod Von Kaiser (Petronius) Maximus, erwähnt auf [469], historisch ebenfalls 455

 

Zwischen Seite [194] = gewählter Fixpunkt Jahr 455 und den Seiten [467/68/69] liegen im Roman ca. 2 Jahre (jahreszeitlicher Ablauf von März bis Frühsommer des übernächsten Jahres, durch Textstellen belegbar), somit wären beide Ereignisse nach dem fiktiven zeitlichen Ablauf der Story zwei Jahre später, also eher in das Jahr 457 einzuordnen, historisch fanden sie aber ebenfalls im Jahre 455 statt.

Später traten noch weitere Probleme bei der Verwendung von interessanten historischen Personen oder Ereignissen auf, die daher „großzügig“, d.h. nicht immer zeitlich korrekt in die Handlung eingeflossen sind. Dieses sollte dann aber als ‚künstlerische Freiheit‘ angesehen werden.

 

Ebenfalls unter die eher irreführenden Hinweise sind die kleinen Briefmarkenminiaturen einzuordnen, die einige Zeit lang auf den Sonntagsseiten abgedruckt wurden. Hier schienen zunächst  insbesondere die Angaben auf den Seiten [112] und [113] eine eindeutige Hilfe zu sein, leider stellten  sie sich sehr schnell als ungeeignet heraus, da die Angaben vollkommen unbrauchbar und in mehrfacher Hinsicht nicht zu verwenden waren.

 

Beispiele:

Lt. Stamp [auf Seite 113] treffen König Aguar und seine Familie nach der Flucht aus Thule im Jahr 425 in England ein.

PEs Ritterschlag und die Rückkehr nach Thule werden lt. Stamps [auf Seite 113 bzw. 112] im Jahr 433 angesiedelt. Damit läge zwischen diesen Ereignissen ein Zeitraum von 8 Jahren. Diese 8 Jahre hatte übrigens Pollyschansky auch angegeben, Carlsen hingegen verwendet hier die korrekte Angabe 12 Jahre, die auch zum übrigen Storyablauf passt und HF selber im Text angibt. (siehe Seiten [103/104], Zitat: "12 Jahre nach der Flucht" bzw. "12 Jahre nach der Verbannung"). Hier widersprechen die Jahreszahlen auf den ‚Stamps’ sogar den früheren Angaben.

 

Des Weiteren passen diese Zeitangaben auch überhaupt nicht in den Gesamtrahmen. Der Fixpunkt 455 ist sowohl durch historische Angaben einwandfrei zu belegen und gleichzeitig ist es auch das Jahr von PEs 18. Geburtstag. Hier gibt es also eine präzise Altersangabe, und 455 minus 18 = 437 = PEs Geburtsjahr. Da kann er nicht bereits im Jahr 425 im Alter von 5 Jahren mit den Eltern aus Thule geflohen sein! Möglicherweise hat HF hier Angaben gemacht, die er im weiteren Verlauf der Story nicht mehr aufrecht halten konnte. Später folgen diese Marken auch für lange Zeit einem anderen Muster und zeigen oben links immer PE und auf der rechten  Seite jeweils den zweiten Protagonisten der Folge. Jahreszahlen sind dann nicht mehr zu finden.

 

Was von den Jahreszahlen auf den Marken zu halten ist, zumindest soweit sie den Zeitrahmen der Handlung betreffen, verrät auch eine andere Angabe auf Seite [112], "420-460 King Arthur". Das ist pure Phantasie, bis heute ist die Existenz von König Arthur nicht einmal eindeutig historisch belegt. Natürlich mag man jetzt dagegen halten, das ganze Prinz Eisenherz Epos sei schliesslich reine romanhafte Phantasie, aber mit solchen Jahreszahlen wird doch ein gewisser Realitätsbezug suggeriert.

 

Im Übrigen beinhalten die Stamps meist nur einfache historische Infos, die mit dem Verlauf der Story nicht direkt zu tun haben. Manche sind sogar zeitlich mehrere Jahrhunderte später anzusiedeln. Eine Hilfe bei der Erstellung der Zeittafel waren sie nicht, sondern, wie man sehen konnte, war eher das Gegenteil der Fall. Insofern bleibt auch die Bewertung der Angaben im Vorwort zum dritten Bocola-Band dem Leser überlassen.

 

Erscheint es auch auf den ersten Blick gewagt, lediglich wenige historische Daten als passend zu definieren und alle anderen als „künstlerische Freiheit“ anzusehen, so ist doch nach intensiver Beschäftigung mit der Zeittafel dem gewählten Fixpunkt 455 der Vorzug zu geben.

 

 

5. Jahresabläufe im Text und den Bildern

Als geeignetes Hilfsmittel zur Bestimmung des zeitlichen Ablaufs  haben sich Angaben im Text (Carlsen, Fuchs-Übersetzung) erwiesen, wie z.B. „im Frühling“, „Herbststürme“, „nach vielen Monaten“ und Ähnliches.  Hiermit ließen sich zum einen die historischen Daten gut verbinden, zum anderen die gesamte Story in Kalenderjahre unterteilen.

Zusätzlich zum Text finden sich in den Bildern eindeutige Hinweise zu den Jahreszeiten, die ebenfalls den Ablauf der Jahre nachvollziehen lässt. Verschiedentlich lässt auch das Erstellungsdatum der Zeichnung Rückschlüsse zu. Insbesondere JCM hat das Storyjahr zum Teil an ein reales Zeitjahr angeglichen. Weitere Hinweise enthält das Alter der Kinder, obwohl es hier schon komplizierter wird, da sowohl HF als auch JCM in den Zeitablauf  Sprünge eingearbeitet haben. Hierauf wird weiter unten noch genauer eingegangen.

Des Weiteren finden sich im Text wiederholt Bezüge zu früheren Handlungen, die eine zeitliche Einordnung noch zusätzlich unterstützen.

 

Beispiele:

In [1457] Erwähnung von Arns Geburt „im Frühling“ ursprünglich auf Seite [551] 

In [1755] Erwähnung der Gefangenschaft PEs bei Morgana „vor 18 Jahren“ in [57-59]

 

 

6. Das fiktive Alter der Protagonisten

Aufgrund der Jahresabläufe ist PEs Geburtstag  in das Jahr 437 und Aletas in 439 einzuordnen. Arn ist Anfang 459 geboren, die Zwillinge Karen und Valeta ca. zwei Jahre später, also etwa Dezember 460.

[Eine nicht ganz ernst gemeinte Anmerkung: Nicht nachgeprüft habe ich, ob PE zu den infrage kommenden Zeitpunkten überhaupt zuhause war…J]

Zu den Geburtstagen von Galan und Nathan ist festzustellen, dass HF drei Zeitsprünge eingebaut hat, möglicherweise da ihm die Kinder nicht schnell genug älter wurden um als Protagonisten für parallele Handlungsstränge ernsthaft in Frage zu kommen. Insgesamt hat HF auf diese Art sieben Jahre übersprungen, für Galan sind daher zwei Geburtsdaten möglich.

JCM hat später diese Foster’schen Sprünge zunächst wieder vollständig korrigiert, so dass für Nathan wieder ein eindeutiges Geburtsdatum festgelegt werden kann. Da JCM die Handlungsträger aber offensichtlich dann doch zu alt wurden hat er wiederum einen Zeitrücksprung (Zeitstillstand) eingebaut, der etwa zwischen HF’s zweitem und drittem Zeitsprung wieder in die ursprüngliche Handlungszeit einsteigt.

Mit dem Ende der Arbeit von JCM ist die fiktive Handlung insgesamt noch um etwa fünf Jahre „zurückgedreht“.

In der Tabelle ist der zeitliche Ablauf  sowohl linear als auch unter Berücksichtigung der Zeitsprünge gesondert verzeichnet.

 

 

7. Allgemeines

Natürlich lässt sich die Serie nicht wirklich historisch einordnen. Es ist und bleibt ein Roman mit allen seinen Freiheiten der in einem fiktiven Umfeld spielt. Aber immerhin ist die Handlung in einem ziemlich eindeutigen zeitlichen Rahmen angesiedelt, und es sollte lediglich versucht werden, dieses „ziemlich“ möglichst zu präzisieren. Eine historische Tatsache wird PE damit natürlich immer noch nicht, aber es war und ist eine reizvolle und interessante Beschäftigung, das alles herauszufinden und möglichst stimmig zusammenzusetzen. Alle Angaben lassen sich gut belegen, aber der Autor ist natürlich für Argumente offen und würde sich über Beiträge zur Verbesserung und Präzisierung der Zeittafel sehr freuen.

 

August 2007,

mit Ergänzungen im Oktober 2007 / F.L.